Nicht weniger schlecht, sondern positiv

Themenabend zur Klärschlammverwertung im Rathaus

Vor vollem Haus appellierte Prof. Michael Braungart beim Themenabend der Grünen im Rathaus Altwarmbüchen beim Thema Klärschlamm „nicht weniger schlecht, sondern positiv“ vorzugehen. Er meinte damit, dass es nicht um Minimierung der Schadstoffe bei der geplanten  Klärschlammverbrennungsanlage gehen muss, sondern um ein grundsätzlich anderes Konzept bei der Abwasserreinigung. Zum einen geht es um einen geringeren Schadstoffeintrag über die Toiletten. Dafür musste das Beispiel des Recycling-Toilettenpapiers herhalten, welches das Abwasser auf Grund von Schwermetallen aus dem Ursprungsprodukt belastet.

Wie es richtig geht, führte der Autor des cradle to cradle (c2c – „Wiege zu Wiege“)-Prinzips an Hand von Kleinkläranlagen in Entwicklungsländern vor. Es können gleich mehrere Probleme gelöst werden: Die Hygiene wird verbessert und dadurch Krankheiten vermieden. Durch die direkte Verwendung des häuslichen Abwassers wird der Nährstoff-Kreislauf geschlossen und die örtliche Nahrungsmittelproduktion erlaubt eine Entwicklungsmöglichkeit für die sonst abgehängten Gebiete.

Auch bei uns müssen wir uns  mehr auf die Verwendung der Nährstoffe konzentrieren, denn weltweit gehen Böden für die Nahrungsmittelproduktion in erschreckendem Ausmaß verloren. Dafür empfahl er, das Abwasser über eine Membrantechnologie zu säubern, so dass der Klärschlamm länger im System verbleibt und sich Schadstoffe und multiresistente Keime abbauen („kannibalisieren“) können. Das Ziel muss auch hier die Verwendung der Nährstoffe für die Nahrungsmittelproduktion sein.

Unser Vertreter in der Regionsversammlung, Fabian Peters: „Die Abwasserbehandlung muss auch unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelbelastung und der Ausbreitung multiresistenter Erreger dringend neu bewertet werden. Hier scheint die Einführung der Membrantechnologie in den Kläranlagen als gut praktikable Lösung.“

Braungart machte auch deutlich, dass die Alternative, mineralisches Phosphat zu importieren nicht nur wegen der begrenzten Weltvorräte ausscheidet. Durch die hohe radioaktive Belastung des Produkts würden unsere Böden mehr belastet, als durch alle Atomkraftwerke.

Der Bau von Klärschlammverbrennungsanlagen sollte vermieden werden, er führt nur zu einer Zementierung des derzeitigen falschen Systems. Sobald derartige Anlagen existieren, die u.a. auch durch ihren Feinstaubausstoß die Gesundheit der Anwohner schädigen können, gibt es keinen Anreiz zur Verbesserung der Abwasserreinigung. Vielmehr wird „dreckiger“ Klärschlamm als Futter für die Anlagen benötigt.

Den Grünen warf Braungart vor, keine positiven Visionen zu entwickeln, sondern sich auf die Verwaltung des Bestehenden eingerichtet zu haben. Seinen Ansatz hat er in einigen Büchern dargelegt, die am Abend von der Buchhandlung Lesenest angeboten wurden. Erwerber konnten daher auch vom Autor signierte Exemplare mitnehmen. Auch die vom Verein c2c-ev bereitgestellten Flyer und Broschüren stellten die Denkschule des Wiege-zu-Wiege-Prinzips anschaulich dar. Um sich weiter über die vorgeschlagene Technologie zu informieren, könnte nun der Kontakt zu einer Abwasserspezialistin aus Suderburg herhalten, die auch auf der Veranstaltung anwesend war.

Die Veranstaltung wurde durch ein Video-Team aufgezeichnet, so dass sie zum Nachhören und -sehen zur Verfügung steht:

Zukunft der Klärschlammverwertung – Teil 1
Zukunft der Klärschlammverwertung – Teil 2

Vortragsfolien: 171117isernhagen.pdf